IGK Entstehung und UR-Gedanke.

IGK Entstehung und UR-Gedanke.

In den 60er Jahren begann der Prozess in der Automobilindustrie die Frontscheiben als tragendes Konstruktionsteil in die Mechanik einer Karosserie mit Hilfe von Klebstoffen einzubauen. Dazu wurden spezielle, sehr hochviskose 1-K-Polyurethan-Klebstoffe entwickelt, die den Fertigungsprozess am Band signifikant verbesserten, beschleunigten und maßgeblich zur Automatisierung beitrugen.

Obwohl die Klebstoffklasse der Polyurethane eine sehr alte Klebelösung darstellt (sie geht zurück auf Otto Bayer, 1937), bedurfte es hierfür dennoch sehr spezifischer Rezepturen und Herstellungs-verfahren, um die hohen Ansprüche am Fertigungsband der Automobilhersteller bis in die heutige Zeit zu befriedigen.
Ebenfalls Ende der 60er Jahre begann- quasi parallel – die Entwicklung eines Abdichtungs-Systems für Isolierglas, bestehend aus Primärdichtung auf Basis Polyisobutylen und Polysulfid bzw. Silikon- jeweils als Sekundärabdichtung. Mit der Technologie dieses 2-stufigen Systems war es erstmals möglich eine vollautomatische Isolierglasfertigung aufzubauen: Vom Glaszuschnitt über den Waschvorgang bis hin zum Rahmensetzen, Gasfüllen und Verbinden zum Isolierglas, stellt die sogenannte Versiegelung mit Sekundärdichtstoff, dabei den finalen Fertigungsschritt dar.

Mitte der 80er Jahre hatte der Firmengründer und Vorstandsvorsitzender der Firma IGK- Isolierglasklebstoffe, Herr Dr. M.V-R, die Idee, die positiven Erfahrungen mit Polyurethanen aus dem Automobilsektor in die Isolierglasindustrie zu übertragen. Bei beiden Entwicklungen stand und steht der Werkstoff Glas, sowie der jeweilige Haftungsaufbau der verwendeten Dichtstoffe im Mittelpunkt. Deshalb lag es für ihn nahe, dort in die Entwicklung mit Polyurethandichtstoffen einzusteigen. Zu diesem Zeitpunkt war der Isolierglasmarkt zu über 90% von Polysulfid dominiert und die restlichen Marktanteile verteilten sich auf Silikon-, Hotmelt- und Polymercaptan-Polymere.

Überzeugt und getragen von der Idee mit 2-K-Polyurethan-Dichtstoffen, bessere und günstigere Verbunde für Isolierglas als die bisherigen entwickeln zu können, gründete er 1988 die IGK-GmbH mit dem heutigen Sitz in Hasselroth im Großraum Frankfurt. Da sich sowohl, die Rezepturen als auch die Applikationstechnologie der Dichtstoffe für beide Industriezweige bis heute maßgeblich unterscheiden, war ein enormer Entwicklungsaufwand nötig, denn es konnte nur wenig Know-how aus der Klebetechnologie des Automobilsektors übertragen werden.
Deshalb war und ist bis heute das Labor das Herzstück geblieben, der Ort, an dem unzählige Rohstoffe wie Polymere und Katalysatoren mit Nachhaltigkeit und langem Atem getestet wurden, um am Ende die berühmte „Stecknadel im Heuhaufen“ zu finden. Auch galt es der diversen Nebenreaktionen der Polyurethanchemie „Herr zu werden“, und für den gewünschten Reaktionsablauf, sowohl in der IGK-eigenen Fertigung, als auch in der des Kunden, Sorge zu tragen. Darüber hinaus stellt das Zusammenspiel aus anwendungstechnischen und Endeigenschaften im Isolierglas-Sektor eine besondere Herausforderung dar. So besteht die Anforderung darin, eine möglichst lange Topf Zeit mit schneller Aushärtung in eine Rezeptur zu „packen“, um dann auch noch im Endprodukt gute Dichteigenschaften zur Gasretention und gegen Feuchtigkeitseintritt sowie Resistenz gegen UV-Strahlung zu erzielen.

Dass es gelungen ist diesen hohen Ansprüchen gerecht zu werden, kann u.a. daran abgelesen werden, dass die Firma IGK mehrfach vergrößert, umgebaut und automatisiert wurde. Auf diese Weise ist IGK zum Marktführer für Polyurethandichtstoffe im Marktsegment Isolierglas avanciert und bis heute unterwegs in vielen europäischen Ländern. Inzwischen wurde der Vertrieb weiter internationalisiert und in den letzten 2 Jahren neue Niederlassungen in USA und Russland gegründet.

Rückblickend darf man heute ohne Übertreibung feststellen, dass sich der Dichtstoffmarkt für Isolierglas in Europa zu ca. 75 % hin zu Polyurethan verändert hat, maßgeblich auf die visionäre Idee von Dr. M. Vollrath-Rödiger zurückgeht!

Dr. R. Karrer 28.12.20

Die Dichtstoffbranche damals im Vergleich zu heute

Die Dichtstoffbranche damals im Vergleich zu heute

Mit Beginn der Entwicklung des 2-stufigen Abdichtungssystems für Isolierglas Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre dominierte in Europa von Anfang an Polysulfid-Dichtstoffe die Szenerie. Die Basis-chemie hierzu ist inzwischen über 180 Jahre und die daraus herstellbaren Elastomere etwa halb so alt. Die heutzutage weitverbreitetste Anwendung ist als 2-K-Polysulfid-Dichtstoffe für Isolierglas aber aufgrund ihrer chemischen Inertheit kommen sie auch als Abdichtungsmassen im Flug- und Fahrzeugbau sowie bei Abdichtungen rund um Tankstellen gegen einsickerndes Benzin zum Einsatz.

Der Hauptgrund für ihren schnellen und frühzeitigen Siegeszug im Isolierglas ist zweigeteilt: Zum einen wurde Mitte der 50er Jahre nach der Ablösung dieser Chemie als Raketentreibstoff, aktiv nach neuen Anwendungen insbesondere seitens der amerikanischen Rohstoffproduzenten gesucht, und andererseits eine Anwendung gefunden, die dem Isolierglashersteller einen Dichtstoff an die Hand gab, dessen Applikation einfach war und einen sehr großen Toleranzbereich zur Mischung der jeweiligen A-und B-Komponente offerierte. Ende der 90er Jahre dominierten Polysulfid-Dichtstoffe den Isolierglassektor mit einem Marktanteil in Europa von deutlich über 90%. Gefüttert und gesteuert wurde dieser Markt in den 1980er bis 2000er Jahren von hauptsächlich 4 Rohstoffherstellern aus USA, Japan, Deutschland und Russland, von denen heute nur noch 2 übriggeblieben sind und heute noch signifikante Mengen in die Isolierglas-Dichtstoffbranche liefern.

Dies ist ein Spiegelbild zur Entwicklung und zum Einsatz der entsprechenden Isolierglasdichtstoffe über die letzten Jahre in Europa. So ist der Marktanteil an Polysulfid-Dichtstoffen merklich zugunsten von Polyurethan-Dichtstoffen geschrumpft, wenn man die Versiegelung für Fenster, also hinter UV-schützendem Rahmen in Europa zugrunde legt. Der Marktanteil von Silikonen beschränkt sich dabei im Wesentlichen auf die offene, ungeschützte Kante –meist in Glasfassaden-Konstruktionen. Gelegentlich oder in bestimmten Ländern werden Silikone aber als Sekundärdichtstoffe in IG-Einheiten für Fenster eingesetzt, wenn Gasdichtigkeit eine untergeordnete Rolle spielt.

In USA dagegen wurden die früher durchaus weit verbreiteten Polysulfide über weite Strecken durch (Reaktiv-) Hotmelts abgelöst, deren Anwender sich über die schnelle und einfache Handhabung freuen. Entscheidend für die jeweilige Marktpenetration sind zuallererst die jeweiligen Landesnormen und Gesetze – gepaart mit den jeweiligen Angeboten der Maschinen-und Dichtstoffhersteller zu nennen. Dann entscheidet das Preis-/Leistungsverhältnis für oder gegen einen Dichtstoff. Da Polysulfid-Polymere relativ aufwendig in der Herstellung sind und auch nur sehr wenige Varianten für den Isolierglasmarkt in Frage kommen, ist man als Entwickler seit vielen Jahren schon sehr eingeschränkt. Im Gegensatz zu Polyurethan-ist bei Polysulfid-Dichtstoffen ein weiteres gravierendes Manko die mangelnde, bzw. nur mit hohem Aufwand und hohen Kosten erzielbare UV/Nass-Beständigkeit dieser Dichtstoffklasse, die in den neuen Normen immer mehr gefordert wird.

In Russland zeichnet sich ebenfalls die Wachablösung der Polysulfid-Dichtstoffe ab –allerdings durch eine andere sehr ökonomische ebenfalls auf endständigen Mercaptangruppen (Polymercaptan-Polymere oder auch PUSH-Polymere) genannt. Hier wird ein Polyurethan-backbone mit SH-gruppen versehen und daraus entsprechende Dichtstoffe hergestellt. Auch diese Chemie ist relativ alt und wurde Mitte der 60er Jahre in USA eingeführt. Diese Produktklasse erlebt aufgrund ihrer niedrigen Herstellkosten gerade wieder eine Renaissance insbesondere am russischen Markt und knabbert somit ebenfalls am Weltmarkanteil der Polysulfid-Dichtstoffe.

So geht der Trend in Europa weg von Polysulfid zu Polyurethan, in USA weg von Polysulfid zu (Reaktiv-)Hotmelt und Polyurethan und in Russland weg von Polysulfid hin zu Polymercaptan-Polymeren.
In China bzw. Asien generell, ist es sehr schwer eine genaue Marktanalyse vorzunehmen. Dort sind viele lokale Anbieter für Dichtstoffe vertreten – meist auf Basis von Silikonen – zum Teil sogar immer noch auf Lösungsmittelbasis. Dort sind nur in Ausnahmefällen europäische Dichtstoffqualitäten gefragt – vorzugsweise immer dann, wenn auch hochqualitative Maschinen im Einsatz sind. Generell haben aber die asiatischen Maschinenhersteller gegenüber ihren europäischen Wettbewerbern aufgeholt und es zeichnet sich aktuell der Trend ab, sowohl Maschine und Dichtstoff lokal zu kaufen.
Hier bleibt es abzuwarten, welche gesetzlichen Auflagen in den nächsten Jahren verordnet werden, und ob sich umweltbewusstes Handeln und Fertigen tatsächlich durchsetzen wird.

IGK stellt sich diesen weltweiten Trends mit seinem in den letzten Jahren gewachsenen Produkt-portfolio.

Komplexität der Verarbeitung zum Isolierglas.

Komplexität der Verarbeitung zum Isolierglas.

Wenn man sich als Newcomer in der Branche erstmals eine europäische IG-Produktion anschaut, sieht dies auf den ersten Blick alles sehr einfach und strukturiert aus. Am Eingang der Produktion kommen die 6 m auf 3,21m großen per Tieflader an; diese werden per Kran auf die Gestelle geladen und von dort aus, bei Bedarf, dem Glaszuschnitt zugeführt. Die Software übernimmt das Glasmanagement, sorgt für entsprechenden, meist automatischen Zuschnitt, im Falle von low-E-Glas auch gleich für automatische Randentschichtung incl. Abfallbeseitigung des überschüssigen Glases. Der weitere Ablauf zur IG-Herstellung mit den Stationen Waschmaschine, Visitierstation, ggf. Rahmensetzen der butylierten Abstandhalter oder TPS®-Auftrag, Gasfüllen und Verpressen sieht einfach aus, findet teilweise im Verborgenen statt und wird fast vollautomatisch gesteuert. Das nahezu fertige Isolierglas kommt dann wieder zum Vorschein und benötigt nur noch den finalen Schritt zur Randversiegelung mit dem entsprechenden Dichtstoff. Das fertige Produkt kann nach kurzer Verweilzeit im Lager dem Fenster-oder Metallbauer meist schon innerhalb von 24h geliefert werden.

Aber so einfach wie das auf den ersten Blick aussieht-ist das alles nicht. Dem Kundenauftrag muss das richtige Glas, ggf. mit der entsprechenden Beschichtung auf der richtigen Position zugeführt werden. Hinzu kommen dann noch ggf. Sonderglastypen wie ESG oder VSG für Schallschutz oder Sicherheitsglas. Durch den gestiegenen Einsatz von low-E-Beschichtungen in den letzten Jahren beim Dreifach-IG, hauptsächlich auf Position 2 und 5 und/oder ggf. Sonnenschutzbeschichtung auf Position 1, stellt diese Komplexität schon die erste Herausforderung dar. Die entsprechenden Softcoating-Beschichtungen müssen dementsprechend in den jeweiligen Randbereichen quantitativ entfernt werden, damit die später aufzubringenden Dichtstoffe eine definierte Oberfläche zum einwandfreien Haftungsaufbau vorfinden werden.

Beim Anschließenden Waschen in der Vertikalwaschmaschine wird der Staub und Verunreinigungen entfernt, meist ausschließlich mittels warmen VE-Wasser. Die Qualitätskontrolle des Waschwassers erfolgt fast immer per Leitfähigkeitsmessung und stellt in der Regel kein Problem dar. Allerdings verändert sich die Glasoberfläche durch den Waschvorgang chemisch und physikalisch, so dass dem nachgeschalteten Trocknungsvorgang ebenfalls eine wichtige Bedeutung zukommt. Dies gilt insbesondere für den später durchzuführenden Haftungsaufbau der Dichtstoffe. Die inzwischen sehr weit verbreiteten Visitierstationen übernehmen dann im nächsten Step die automatisierte, optische Kontrolle des IG.

Bis hierhin sind fast ausschließlich physikalische Vorgänge im Spiel, sieht man einmal von der bereits zuvor erfolgten Basisglasherstellung auf Zinnbad- bzw. Atmosphärenseite ab. Diese lassen sich auch sehr gut mit physikalischen Methoden kontrollieren.

Ab jetzt kommt aber die Chemie ins Spiel: Das geschieht beim Butylauftrag auf den Abstandhalter an der „Butylierstation“ oder alternativ beim direkten Auftrag des Primärdichtstoffs in Form von TPS® auf Glas, oder alternativ beim ebenfalls maschinellen Auftrag eines vorgefertigten Schaumspacers an der lateralen Schnittstelle mittels Acrylat-Klebstoff.

Bei allen drei Applikationsarten sind neben physikalischen Prozessen eben auch chemische Rohstoffe im Spiel, deren Rezepturen bzw. Aufbauten eine durchaus komplexe Zusammensetzung haben und den entsprechenden lokalen Applikationsbedingungen unterliegen. So können Faktoren, wie fehlerhafte Rohstoffe bzw. eine inkonsistente Zusammensetzung bzw. fehlerhafte Fabrikation beim Komponentenhersteller schon ein Grund für Reklamationen werden. Eine zu hohe oder zu niedrige Applikationstemperatur kann dann zu einem ungleichmäßigen Dichtstoffauftrag, zu mangelndem Haftungsaufbau, zu hohen Gasverlustraten oder ggf. zu sog. „Butyleinläufen“ in den Scheibenzwischenraum im Isolierglas bzw. Fenster führen.

Auch können Fehler an dieser Schnittstelle auftreten, die auf ein schlechtes Zusammenspiel von Abstandhalter und Butylauftrag am sog. „Butylierer“ zurückzuführen sind. Dies tritt immer dann auf, wenn ein häufiger Wechsel, der diversen „warme-kante“- und neuerdings „Multilayer“-Abstandhalter zum Einsatz kommen. Diese werden in Regel zuvor gebogen und mit Eckverbindern versehen und sollten keine Fettspuren von Fingerabdrücken aufweisen, die ebenfalls die Haftung der Dichtstoffe mindern könnten.

Natürlich kann auch ein ungleichmäßiger Butylauftrag, eine ungleichmäßige Verpressung zum Isolierglas oder ein zu hoher oder zu niedriger Anpressdruck in der Gasfüllpresse einen negativen Einfluss haben. Dies äußert sich dann entsprechend negativ mit zu großen Dickentoleranzen bei der anschließenden Qualitätskontrolle zur Messung der sog. „Paketstärke“ rund um die IG-Einheit.

Auch bei der Anwendung des Sekundärdichtstoffes können massive Fehler gemacht werden. Dies fängt schon bei den Transport- und Lagerbedingungen an. Direkte Sonneneinstrahlung oder zu kühl, oder ggf. im Freien gelagertes Produkt, kann zu fehlerhaften Ergebnissen führen. Dies gilt im Übrigen analog für die o.g. Primärversiegelungsdichtstoffe, die bei Großanwendern aus Fässern gefördert werden, und nach falscher Lagerung im Freien bei Minusgraden, bis zu 14 (!) Tage bei Raumtemperatur benötigen, um im Zentrum des Fasses, im wahrsten Sinne des Wortes, „aufzutauen“.

Doch zurück zum Sekundärdichtstoff: Egal, ob nun Polyurethan, Polysulfid oder Silikon als 2-komponentiges System zur mechanischen Stabilisierung der IG-Einheit verwendet wird, muss in allen Fällen immer ein korrektes Mischungsverhältnis eingestellt sein und kontrolliert werden. Spülvorgänge vor Pausen und Schichtwechsel müssen nach den Vorgaben der Dichtstoffhersteller überwacht und durchgeführt werden. Ganz besondere Aufmerksamkeit ist angesagt, wenn Materialwechsel vorgenommen werden müssen, weil ggf. nach einer IG-Einheit für ein gasgefülltes Fenster mit Polyurethan oder Polysulfid, ein Fassadenelement mit Silikondichtstoff mit entsprechender UV-Resistenz versiegelt wird. Werden dabei die gleichen Mischaggregate benutzt, sind umfangreiche Spülvorgänge nötig, um Unverträglichkeiten der Dichtstoffe untereinander zu vermeiden.

Stichwort „Unverträglichkeit“: In den letzten 20 Jahren sind eine Vielzahl an Reklamationen auf Unverträglichkeitsreaktionen zwischen Dichtstoffen untereinander, aber auch zu anderen Bauteilen rund ums Fenster aufgetreten. Wenn auch die Branche in den letzten 5-10 Jahren, sehr viel dazugelernt hat, werden doch immer wieder mit den Randverbund-Dichtstoffen unverträgliche Materialien z.B. bei Wetterversiegelungen, beim sog. geklebten Fenster u.a. auch zur Einbruchhemmenden Verglasung oder auch Setzklötzchen (auf Basis Polystyrol) eingesetzt. Mit dem Erstellen entsprechender Freigabelisten für die diversen Einsatzgebiete durch die führenden Dichtstoffhersteller (so auch IGK), die in ihren Labors nach entsprechenden ift- und RAL-GMI-Richtlinien und, neuerdings auch nach der Norm EN-1279.1 (2018), prüfen, sind die Reklamationsfälle mit der Ursache „Unverträglichkeit“ rund ums Fenster signifikant zurückgegangen.

Wie oben erwähnt, spielt neben der korrekten Applikation, die komplexe, chemische Zusammensetzung der Dichtstoffe eine maßgebliche Rolle bei der Produktqualität für gutes Isolierglas. Um dies auch in Zukunft weiter zu gewährleisten, wird IGK – wie schon seit vielen Jahren in der Vergangenheit – weiter seine Rohstoff-Lieferanten an den weltweiten Produktionsstätten besuchen und per Audit entsprechend validieren. Hierbei wird seitens IGK der Focus ganz besonders auf die chemischen Zusammenhänge und Herstellverfahren mit dem Ziel gelegt werden, seinem Kundenstamm die bestmögliche Dichtstoff-Qualität anzubieten.

Dr. Randolf Karrer

Wichtige Erkenntnisse und Entwicklungen der letzten Jahre in der Isolierglasindustrie

Wichtige Erkenntnisse und Entwicklungen der letzten Jahre in der Isolierglasindustrie

Wenige Jahre nach Gründung der Fa. IGK 1988 wurde Mitte der 90er Jahre – der Begriff der sog. „warmen Kante“ geprägt, der die Wärmeverluste im Isolierglas über die Abstandhalter mit guter Wärmeleitfähigkeit (schlechter Isolierung) beschrieb. Der bis dahin gebräuchliche Begriff des sog. „K-Wertes“ wurden durch den sog. „U-Wert“ ersetzt, der – im Falle von Isolierglas- den Wärmeübergang des Isolierglases unter Einbezug des jeweiligen Fenstermaterials beschrieb. Dies löste einen massiven Entwicklungsschub für neue Abstandhalter aus, die damit das bis dahin allseits verbreitete Aluminium mehr und mehr abgelöst haben. So kamen vermehrt neue polymere Trägermaterialien, Coextrudate und diverse Edelstahlqualitäten auch als folierte Produkte auf den Markt. Parallel erblickte die TPS-Technologie das Licht der Welt und wenige Jahre später kamen die ersten Entwicklungen der sog. Schaumstoff-Spacer, einer Entwicklung aus USA auf den europäischen Markt.

Im gleichen Zeitraum entwickelten die führenden Glashersteller immer bessere Glasbeschichtungen mit denen die Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) für Isolierglas deutlich unter 0,7 W/m²K gesenkt werden konnten.
Die o.g. Entwicklungen im Isolierglasbereich kann man durchaus als Vorgriff die sog. Energieeinspar-verordnung interpretieren, die als Instrument der deutschen und Energie- und Klimaschutzpolitik im Jahr 2002 erlassen wurde. Die diversen Nachbesserungen und Novellierungen aus den Jahren 2007, 2009 und 2013 (-2016) schlossen verschiedene staatliche Förderprogramme sowohl für Neubauten als auch zur Sanierung privater und öffentlicher Gebäude ein, die in den Folgejahren bis heute in Deutschland der Baukonjunktur zu einem andauernden, hohen Niveau verholfen hat.
Von diesen Maßnahmen und Entwicklungen hat wiederum auch die Isolierglasbranche besonders in Zentral-Europa profitiert – verbunden mit einem starken Trend zu Dreifach-Isolierglas. Diese schon seit vielen Jahren in Skandinavien etablierte Fertigungstechnologie erfuhr damit einen neuen Schub und war Gegenstand vieler Berechnungen und Präsentationen auf internationalen Konferenzen, wie z.B. bei den Glass-Processing Days in Tampere, Finnland (2011). Damit wurden neue Entwicklungen von Maschinen, Dichtstoffen und Abstandhaltern angestoßen, deren Aufeinandertreffen beim Isolierglashersteller neue Herausforderungen an den Tag legten.

Spätestens ab dem Jahr 2005 machte dann der Begriff des „Geklebten Fensters“ Furore und führte mit Hilfe von neu entwickelten Klebstoffen und Rahmen-Geometrien zur geklebten Verbindung des Fensterrahmens mit dem Isolierglas. Die diversen Systeme, tituliert als Überschlags-, Falzgrund- oder Glaskantenverklebung, brachten neue Einsatzgebiete für Silikon-, Polyurethan- und Acrylat-Klebstoffe, sowie für Klebebänder. Bei allen Klebevarianten war die Grundidee dieselbe, nämlich die Steifigkeit des Glases auf den Rahmen zu übertragen. Ferner argumentierte man bei einigen Systemen damit, durch den Wegfall der Stahlarmierung –insbesondere im Fensterflügel ebenfalls zur Energieeinsparung beizutragen. Diese Verklebungen von Glas und Rahmen, und da besonders die Falzgrundverklebung, brachen dabei mit einem alten Isolierglasprinzip des belüfteten Falzgrundes zur Vermeidung von Kondensation im Fenster, was damals sehr kontrovers diskutiert wurde. Sie stellten u.a. auch eine besondere Herausforderung an das verträgliche Zusammenspiel des Klebstoffs mit seiner Umgebung, allen voran mit den Randverbund-Dichtstoffen. Heute ist es zwar deutlich ruhiger um die Verklebung von Glas und Rahmen geworden, wenngleich diese Anwendungen vor allem bei einbruchhemmenden Fenster zum Einsatz kommen.

Im Fassadenbereich setzte sich der Trend hin zu immer größeren Scheiben fort, um das Ziel der Architekten nach einem möglichst rahmenlosen Design und einer ungehinderten Durchsicht auf Artikel hinter Schaufenstern zu ermöglichen. So wurde auf der Glasmesse in Düsseldorf bereits im Jahre 2014 eine 17m lange Isolierglasscheibe der Fa. Henze Glas dem Publikum zur Schau gestellt. Solche Dimensionen lassen sich natürlich nur noch mit automatisch applizierbaren Abstandhaltern wie z.B. IGK 611 (TPS®) sicher und optisch einwandfrei herstellen.

Bei den Abstandhalterlieferanten für Isolierglas rücken seit ca. 3 Jahren vermehrt die sog. Multilayer-Abstandhalter in den Vordergrund. Optimiert für weiter verbesserte PSI-Werte tragen sie damit zu verbesserten U-Werten und verbesserter Wärmeisolierung bei. Herz-und Kunststück bei der Herstellung ist das Aufbringen (Verkleben) der diversen Folienschichten auf das jeweilige Trägermaterial. Beim Isolierglashersteller besteht die Herausforderung vor allem darin, die hohen Geschwindigkeiten beim Biegen der bisher eingesetzten Abstandhalter zu erreichen. Hier wird derzeit massiv daran gearbeitet, um eine optimale Performance zu erreichen.

Im Bereich der Randverbund-Materialien ist vor allem auf die Entwicklung und den vermehrten Einsatz sog. „Reaktiver 1-K-Dichtstoffe“ hinzuweisen, die in Form von „Reaktiv-TPS®“ als Primär- bzw. „Reaktiv-Warm-Melt“ als Sekundärdichtung neue Möglichkeiten der Randverbundsiegelung geschaffen haben. Einen weiteren gravierenden Einschnitt der letzten Jahre stellten die EU-Richtlinien 848 (2012) und 852 (2017) dar, mit deren Inkrafttreten der Einsatz von Quecksilber als Katalysator in Polyurethan-Kleb- und Dichtstoffen komplett verboten wurde.

Zeitgleich mit dem Inkrafttreten der o.g. Ersten Energieeinsparverordnung in Deutschland im Jahre 2002 wurde auch die Isolierglasnorm EN-1279 neu aufgelegt, was dann allerdings erst 16 Jahre später und unzähligen Diskussionen in nationalen und internationalen Ausschüssen in die neue Verordnung EN-1279 (2018) mündete. (ggf. Verweis auf die Publikation in Gebäudehülle 12.2020). Dass hierbei das Ziel –eine für Europa einheitliche Verordnung zur Qualitätssicherung von Isolierglas – nur bedingt erreicht wurde, liegt überwiegend an nationaler Lobbyarbeit und Sicherung der entsprechenden Arbeitsplätze im jeweiligen Land.

So stellt die EN-1279 (2018) zwar schon neue, weiter erhöhte Anforderungen für europäisches Isolierglas auf, wird aber partiell noch durch diverse nationale Normen in einzelnen Punkten übertroffen. In den letzten Jahren hat damit auch das „Überwachungswesen“ seitens der internationalen Behörden in Form von Audits bei den Komponentenherstellern incl. der Dichtstofflieferanten erheblich zugenommen, die Kosten dafür erheblich steigen lassen, was aber dem Isolierglaskunden (von Fa. IGK) in Form von Cekal-, ATG- oder RAL-GMI-Gütezeichen und entsprechender Dichtstoffe (aus dem Hause IGK) zugute kommt.

Dr. Randolf Karrer

Faktoren welche den Wandel von PS zu PU beeinfluss(t)en.

Faktoren welche den Wandel von PS zu PU beeinfluss(t)en.

Mitte der 80er Jahre war Polysulfid mit großem Abstand der meistverkaufte Isolierglas-Dichtstoff weltweit. Weit über 90 % der jährlichen Dichtstoffmenge wurde mittels dieser alten Elastomeren-Chemie als äußere Randabdichtung in Form einer Hohlkehle mit Hilfe von 2-K-Versiegelungs-maschinen appliziert. Im Wesentlichen wurde der Markt von 4 Rohstofflieferanten für das Polysulfid-Polymer dominiert und über 3 führende europäische Dichtstoffhersteller in den Markt gebracht.

In dieser Zeit wurde vermehrt von manuellen Versiegelungsmaschinen auf semi-automatische Maschinen umgestellt. Hierbei wurde das Glas oft noch auf separat aufgestellten Maschinen geschnitten und dann manuell zur Waschmaschine gefahren, um dann im Nachgang zusammen mit dem am Rahmenbieger gebogenen Abstandhalter zum Isolierglas vereinigt zu werden. Die manuellen Versiegeler wurden so betrieben, dass man mehrere Isoliergläser gesammelt und diese dann in Serie mit Polysulfid versiegelt hat. Dafür waren Polysulfid-Dichtstoffe ideal, weil sie als gutmütiges 2-Komponenten System „gemütlich“ appliziert werden konnten, will sagen, eine lange Topfzeit hatten, was man rezeptiv durch chemische Verzögerer erreicht hatte. War dann eine schnelle Aushärtung gewünscht, konnte man diese auch entsprechend einstellen, so dass der Anwender wenig bis keine chemische Kenntnisse benötigte. Reinigung der Mischer war ebenfalls ein Kinderspiel, da sich die Mischer wenig zusetzten und eine lange Zykluszeit von bis zu 1 Jahr zuließen.

Mit Einsetzen der vollautomatischen Versiegelung Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre und entsprechender Fertigung von bis 800 IG-Einheiten pro Schicht, war die Misch-und Dosiergenauigkeit seitens der Maschinenhersteller noch lange nicht auf dem heutigen Niveau, so dass ein Dichtstoff benötigt wurde, der auch im Automatikbetrieb Misch- und Dosierfehler möglichst verzeiht hat. Auch das war Polysulfid, weil der sog. heterogene Härtungsmechanismus eine Über- bzw. Unterdosierung von mindestens +- 20 bis 25% zuließ – also ideal für Betriebe mit wenig chemischem bzw. machinellem Know-how.

Erste Erfahrungen mit Polyurethan als Alternative zum Polysulfid machten dann wagemutige Pioniere der Isolierglashersteller Ende der 80er Jahre. Die o.g. mangelnde Misch-und Dosiergenauigkeit der Versiegelungsmaschinen, sowie die kurze Topfzeit, verbunden mit der sehr schnellen Verunreinigung und Zusetzen der Mischaggregate, machte einen völlig anderen Umgang mit dem damals neuen Dichtstoff Polyurethan als Randverbundmaterial nötig. Dazu waren aber nicht viele IG-Hersteller bereit und schauten gespannt auf die Kollegen, die ihre entsprechenden, negativen Erfahrungen machten. So kam es, dass der Marktanteil in Europa von Polysulfid in Spitzenzeiten Mitte der 90er Jahre bei ca. 93% lag. Der Rest verteilte sich auf Silikon (und dort vorzugsweise in der Fassade), sowie auf Hotmelt und wenig Polyurethan. Weit und breit war keine echte chemische Alternative für Polysulfid in Sicht.

Wie kam es nun, dass Anfang der Jahrtausendwende eine dramatische Veränderung zu Ungunsten von Polysulfid hin zum Polyurethan einsetzte?

Ausgangspunkt war, dass einer der führenden Polysulfid-Polymerhersteller, nämlich die Fa. Morton in USA so empfindliche Umweltauflagen erhalten hat, dass sie ihre Herstellung, offiziellen Angaben zufolge, einstellen musste. Quasi über Nacht haben deren Abnehmer nicht mehr ausreichend Rohstoff bekommen und konnten den begehrten Polysulfid-Dichtstoff nicht mehr herstellen.

Parallel hatten die PU-Hersteller, allen voran IGK, ihre Rezepturen weiter verbessert. Allerdings  waren diese Rezepturen noch weit vom heutigen Niveau quecksilberfreier PUs entfernt. Dennoch war ein Versorgungsloch entstanden, das gefüllt werden musste. In dieser Zeit waren die IGK Techniker fast jedes Wochenende unterwegs und rüsteten die Maschinen in der produktionsfreien Zeit mit hohem Aufwand und Kosten um. Die kompletten Mischer, die Ventile, Pumpen und Zuleitungen mussten getauscht werden, damit keine chemischen Reaktionen in den Leitungen, die noch Polysulfid enthielten, stattfanden. Die Anlage der B-Komponente musste ganz ersetzt werden, da die Viskositäten der damals verfügbaren PU-B-(flüssig) und PS-B (viskos) andere Pump-und Mischaggregate bedingten.

Mit der zunehmenden Internationalisierung des IG-Geschäftes und verschärften Anforderungen u.a. in Form von Normen zeigte sich Polyurethan dem Polysulfid deutlich überlegen. Die Trendwende hin zum PU wurde maßgeblich durch die französische Norm unterstützt, dadurch bedingt, dass PU-Rezepturen die hohe Hürde der UV-Nass-Belastung im Klimawechseltest mit Bravour bestanden. Polysulfid-Rezepturen dagegen nehmen in vergleichenden Tests, Feuchtigkeit auf und vergrößern ihr Volumen um bis zu 20%. Folglich geht dann-insbesondere bei preisgünstigen Polyulfid-Rezepturen -die Haftung zum Glas verloren und ein entsprechender Prüfdurchfall kann die Folge sein.

Insofern war der französische Markt Anfang der 2000er Jahre der Taktgeber in Europa zur Trendwende mit einem Marktanteil von deutlich > 90% pro PU. On top kam, dass man die PU-Rezepturen billiger als mit Polysulfid herstellen und somit noch einen Preisvorteil bei besserer Qualität einstreichen kann. Die auf Vollgas, 3-schichtig laufenden Maschinen der französischen IG-Hersteller, erkannten dann immer noch Vorteile beim PU, trotz der damals noch deutlich häufigeren Notwendigkeit zur Reinigung der Mischer.

In den Folgejahren entwickelte sich bis ca. zum Jahre 2006 in Europa ein relativ ausgeglichenes Verhältnis zwischen PU und PS als Sekundär-Randverbund-Dichtstoff. Mit dem gestiegenen Wettbewerbsdruck aus Osteuropa, u.a. aufgrund von Neuinvestitionen in Polen, wurde die Herstellung von Isolierglas immer günstiger und jeder IG-Hersteller war gezwungen, aufgrund der offenen Grenzen, jede Kosteneinsparung für sich in Anspruch zu nehmen. Wie bereits oben erwähnt, ist PU hier der klare Sieger u.a. auch weil ein besseres Preis-/Leistungsverhältnis gegeben ist.

Nach der Weltwirtschaftskrise der Jahre 2008-2010 setzte IGK neue Standards mit seinem Hg-freien Polyurethan, das lange vor entsprechenden europäischer Verordnungen und Auflagen am Markt war. Die Hg-freie Version des IGK 130 machte Umstellungen von PS auf PU zum Kinderspiel, da das nicht mehr vorhandene Hg als Katalysator, nicht mehr vom restlichen Polysulfid in der Anlage vergiftet werden konnte. Somit war die Aushärtung vom PU durch noch in den Spülleitungen vorhandenes Polysulfid der Versiegelungsmaschinen nicht mehr verhindert. Damit war es möglich, die Anlagen nur noch grob vom Polysulfid zu reinigen und mit Hilfe der damals neu entwickelten, pastösen B-Komponente des IGK 130 zu spülen, nachfolgend das korrekte Mischungsverhältnis einzustellen und ohne weitere Änderung quasi nahtlos weiter zu produzieren. In vielen Fällen konnte diese Umstellung von Kunden alleine, ohne Unterstützung der Maschinenhersteller, allenfalls mit technischer Unterstützung und Anleitung von IGK, kostenneutral durchgeführt werden.

Ein weiterer Schritt zum Siegeszug des Polyurethans war dabei die Weiterentwicklung der IGK 130-Rezeptur, die mit Ihrer langen Topfzeit für sehr lange Standzeiten zwischen den Reinigungsprozessen der Mischer sorgte und gleichzeitig eine sehr schnelle Aushärtung gewährleistete. Mit diesem Eigenschaftsprofil wurde dann die die frühere PS-Technologie endgültig ins Abseits gedrängt.

Dass man nach wie vor mit beiden Technologien Isolierglas nach neuesten Normen und Anforderungen herstellen kann, gilt auch weiterhin – aber das Preis-/Leistungs-Pendel hängt hierbei klar auf der Seite von Polyurethan.

Dr. Randolf Karrer