Wichtige Erkenntnisse und Entwicklungen der letzten Jahre in der Isolierglasindustrie

Wenige Jahre nach Gründung der Fa. IGK 1988 wurde Mitte der 90er Jahre – der Begriff der sog. „warmen Kante“ geprägt, der die Wärmeverluste im Isolierglas über die Abstandhalter mit guter Wärmeleitfähigkeit (schlechter Isolierung) beschrieb. Der bis dahin gebräuchliche Begriff des sog. „K-Wertes“ wurden durch den sog. „U-Wert“ ersetzt, der – im Falle von Isolierglas- den Wärmeübergang des Isolierglases unter Einbezug des jeweiligen Fenstermaterials beschrieb. Dies löste einen massiven Entwicklungsschub für neue Abstandhalter aus, die damit das bis dahin allseits verbreitete Aluminium mehr und mehr abgelöst haben. So kamen vermehrt neue polymere Trägermaterialien, Coextrudate und diverse Edelstahlqualitäten auch als folierte Produkte auf den Markt. Parallel erblickte die TPS-Technologie das Licht der Welt und wenige Jahre später kamen die ersten Entwicklungen der sog. Schaumstoff-Spacer, einer Entwicklung aus USA auf den europäischen Markt.

Im gleichen Zeitraum entwickelten die führenden Glashersteller immer bessere Glasbeschichtungen mit denen die Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) für Isolierglas deutlich unter 0,7 W/m²K gesenkt werden konnten.
Die o.g. Entwicklungen im Isolierglasbereich kann man durchaus als Vorgriff die sog. Energieeinspar-verordnung interpretieren, die als Instrument der deutschen und Energie- und Klimaschutzpolitik im Jahr 2002 erlassen wurde. Die diversen Nachbesserungen und Novellierungen aus den Jahren 2007, 2009 und 2013 (-2016) schlossen verschiedene staatliche Förderprogramme sowohl für Neubauten als auch zur Sanierung privater und öffentlicher Gebäude ein, die in den Folgejahren bis heute in Deutschland der Baukonjunktur zu einem andauernden, hohen Niveau verholfen hat.
Von diesen Maßnahmen und Entwicklungen hat wiederum auch die Isolierglasbranche besonders in Zentral-Europa profitiert – verbunden mit einem starken Trend zu Dreifach-Isolierglas. Diese schon seit vielen Jahren in Skandinavien etablierte Fertigungstechnologie erfuhr damit einen neuen Schub und war Gegenstand vieler Berechnungen und Präsentationen auf internationalen Konferenzen, wie z.B. bei den Glass-Processing Days in Tampere, Finnland (2011). Damit wurden neue Entwicklungen von Maschinen, Dichtstoffen und Abstandhaltern angestoßen, deren Aufeinandertreffen beim Isolierglashersteller neue Herausforderungen an den Tag legten.

Spätestens ab dem Jahr 2005 machte dann der Begriff des „Geklebten Fensters“ Furore und führte mit Hilfe von neu entwickelten Klebstoffen und Rahmen-Geometrien zur geklebten Verbindung des Fensterrahmens mit dem Isolierglas. Die diversen Systeme, tituliert als Überschlags-, Falzgrund- oder Glaskantenverklebung, brachten neue Einsatzgebiete für Silikon-, Polyurethan- und Acrylat-Klebstoffe, sowie für Klebebänder. Bei allen Klebevarianten war die Grundidee dieselbe, nämlich die Steifigkeit des Glases auf den Rahmen zu übertragen. Ferner argumentierte man bei einigen Systemen damit, durch den Wegfall der Stahlarmierung –insbesondere im Fensterflügel ebenfalls zur Energieeinsparung beizutragen. Diese Verklebungen von Glas und Rahmen, und da besonders die Falzgrundverklebung, brachen dabei mit einem alten Isolierglasprinzip des belüfteten Falzgrundes zur Vermeidung von Kondensation im Fenster, was damals sehr kontrovers diskutiert wurde. Sie stellten u.a. auch eine besondere Herausforderung an das verträgliche Zusammenspiel des Klebstoffs mit seiner Umgebung, allen voran mit den Randverbund-Dichtstoffen. Heute ist es zwar deutlich ruhiger um die Verklebung von Glas und Rahmen geworden, wenngleich diese Anwendungen vor allem bei einbruchhemmenden Fenster zum Einsatz kommen.

Im Fassadenbereich setzte sich der Trend hin zu immer größeren Scheiben fort, um das Ziel der Architekten nach einem möglichst rahmenlosen Design und einer ungehinderten Durchsicht auf Artikel hinter Schaufenstern zu ermöglichen. So wurde auf der Glasmesse in Düsseldorf bereits im Jahre 2014 eine 17m lange Isolierglasscheibe der Fa. Henze Glas dem Publikum zur Schau gestellt. Solche Dimensionen lassen sich natürlich nur noch mit automatisch applizierbaren Abstandhaltern wie z.B. IGK 611 (TPS®) sicher und optisch einwandfrei herstellen.

Bei den Abstandhalterlieferanten für Isolierglas rücken seit ca. 3 Jahren vermehrt die sog. Multilayer-Abstandhalter in den Vordergrund. Optimiert für weiter verbesserte PSI-Werte tragen sie damit zu verbesserten U-Werten und verbesserter Wärmeisolierung bei. Herz-und Kunststück bei der Herstellung ist das Aufbringen (Verkleben) der diversen Folienschichten auf das jeweilige Trägermaterial. Beim Isolierglashersteller besteht die Herausforderung vor allem darin, die hohen Geschwindigkeiten beim Biegen der bisher eingesetzten Abstandhalter zu erreichen. Hier wird derzeit massiv daran gearbeitet, um eine optimale Performance zu erreichen.

Im Bereich der Randverbund-Materialien ist vor allem auf die Entwicklung und den vermehrten Einsatz sog. „Reaktiver 1-K-Dichtstoffe“ hinzuweisen, die in Form von „Reaktiv-TPS®“ als Primär- bzw. „Reaktiv-Warm-Melt“ als Sekundärdichtung neue Möglichkeiten der Randverbundsiegelung geschaffen haben. Einen weiteren gravierenden Einschnitt der letzten Jahre stellten die EU-Richtlinien 848 (2012) und 852 (2017) dar, mit deren Inkrafttreten der Einsatz von Quecksilber als Katalysator in Polyurethan-Kleb- und Dichtstoffen komplett verboten wurde.

Zeitgleich mit dem Inkrafttreten der o.g. Ersten Energieeinsparverordnung in Deutschland im Jahre 2002 wurde auch die Isolierglasnorm EN-1279 neu aufgelegt, was dann allerdings erst 16 Jahre später und unzähligen Diskussionen in nationalen und internationalen Ausschüssen in die neue Verordnung EN-1279 (2018) mündete. (ggf. Verweis auf die Publikation in Gebäudehülle 12.2020). Dass hierbei das Ziel –eine für Europa einheitliche Verordnung zur Qualitätssicherung von Isolierglas – nur bedingt erreicht wurde, liegt überwiegend an nationaler Lobbyarbeit und Sicherung der entsprechenden Arbeitsplätze im jeweiligen Land.

So stellt die EN-1279 (2018) zwar schon neue, weiter erhöhte Anforderungen für europäisches Isolierglas auf, wird aber partiell noch durch diverse nationale Normen in einzelnen Punkten übertroffen. In den letzten Jahren hat damit auch das „Überwachungswesen“ seitens der internationalen Behörden in Form von Audits bei den Komponentenherstellern incl. der Dichtstofflieferanten erheblich zugenommen, die Kosten dafür erheblich steigen lassen, was aber dem Isolierglaskunden (von Fa. IGK) in Form von Cekal-, ATG- oder RAL-GMI-Gütezeichen und entsprechender Dichtstoffe (aus dem Hause IGK) zugute kommt.

Dr. Randolf Karrer

Veröffentlicht in IGK Global.

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